Hemmingen
in Niedersachsen, Ortsteil Wilkenburg, unter tausend Einwohner. Als die Firma
Holcim plante, dort Kies abzubauen, rechnet niemand mit Problemen: Laut Planunterlagen
der Region Hannover würden alle Grundstückseigentümer an Holcim verkaufen. Doch
dann treten Kleinfunde zu Tage, Sandalennägel, eine Pinzette und Münzen,
darunter ein römisches As, geprägt 15 v. Chr. und einer Kupfermünze (kurz nach
Christi Geburt, aus Lyon). Der Archäologe Otto Braasch hatte mittels
Luftbildern schon 1992 eine rechteckige Grabenanlage östlich des Flusses Leine
wahrgenommen. Nun haben die Archäologen Gewissheit: Ein großes römisches
Marschlager aus der Zeit um Christi Geburt, das erste seiner Art in
Norddeutschland. Bis zu 20.000 (!) Soldaten haben hier Platz gefunden, über
drei Legionen. Ein gewaltiges Lager auf ca. 30 Hektar (ca. 500m x 600m), über
das die Zeitungen berichten (z.B. Hannoversche Allgemeine vom 13.10.2015 und
vom 16.10. „Weltmacht in Wilkenburg“).
Wie geht man mit nun mit so einem
großen Fund um? Schließlich wollen einige Bauern ihr Land zunächst weiter an
Holcim verkaufen. Im Normalfall setzten sich immer die wirtschaftlichen
Interessen durch. Im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt verschwindet der
Fundplatz selbst bei sensationellen Holzfunden oder der größten Töpferwerkstatt
nördlich der Alpen kurzerhand unter einer Tiefgarage und unter einem neuen Wohnhaus. Nur
Notgrabungen wurden zugelassen.
Nicht so in Wilkenburg: Die
Kirchengemeinde St. Vitus stellt zusammen mit der Stadtverwaltung das
Grundstück nicht zur Auskiesung zur Verfügung, der Rat der Stadt Hemmingen spricht
sich mit großer Vehemenz gegen den Kiesabbau aus - einstimmig, unterstützt vom Bürgermeister
und von sämtlichen Fraktionen. Die zahlreichen Zuschauer klatschen laut
Beifall, die gesamte Stadt zieht an einem Strang. Das Kulturgut des Römerlagers
bleibt damit künftigen Generationen erhalten.
Sollte
man sich da nicht in eine Scheibe von abschneiden in Baden-Württemberg…?
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